Geschichte des Rettungshundes

 

Obwohl der Hund bereits seit Jahrtausenden Haus- und Arbeitstier des Menschen ist, sind Rettungshunde eine recht moderne Erscheinung. Es finden sich in der Geschichte zwar immer wieder Fälle, in denen Hunde Menschenleben gerettet haben, aber systematisch genutzt wurden diese Fähigkeiten erst im 19. Jahrhundert. Im Hospiz auf dem Grossen Sankt Bernhard züchteten die Mönche seit Mitte des 17. Jahrhunderts eigene Hunde, die ersten Bernhardiner. Deren Aufgabe war zunächst, den verschneiten Weg zum Hospiz zu finden. Es gibt Berichte von diversen Fällen, in denen diese Hunde verirrte oder im Schnee verschüttete Menschen zum Kloster führten und ihnen damit das Leben retten. Allein der Hund Barry soll zwischen 1800 und 1812 über 40 Menschen das Leben gerettet haben.

 

Eine Ausnahme allerdings bildeten zunächst die Bernhardiner. Erst der Krieg gab einen Anstoß für die weitere Entwicklung. Ab 1885 machte man sich in der deutschen Armee Gedanken über den Einsatz von Hunden, zunächst als Melder oder zum Transport von Munition. Der Tiermaler Jean Bungartz begann zusätzlich mit der Ausbildung von Hunden im Sanitätsdienst, die beim Aufspüren verwundeter Soldaten helfen sollten. Dazu gründete er 1890 den Deutschen Verein für Sanitätshunde, der auf freiwilliger Basis die Verantwortung für die Ausbildung der Sanitätshunde übernahm. Die Kosten für Ausbildung und Unterhalt wurden von der Armee getragen, die Durchführung lag aber allein bei Privatleuten.

 

1903 veröffentlichte Hauptmann im Generalstab, Berdez in Bern die „Anleitung zur Dressur und Verwendung des Sanitätshundes“, in der auch ein Bild des o. a. Tiermalers und Sanitätshundeausbilders Jean Bungartz enthalten ist. Besondere Förderung gab es darüber hinaus für die Kriegshunde nicht. 1911 verfügte das Kriegsministerium sogar deren vollständige Abschaffung.

 

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges erfuhr das Sanitätshundewesen aber einen deutlichen Aufschwung. Während es am Anfang des Krieges nur knapp ein dutzend Sanitätshunde gab, erhöhte sich diese Zahl im Verlauf des Krieges auf über 4000, die auf freiwilliger Basis von Privatleuten und Züchtern oft leihweise rekrutiert wurden.

Im Mai 1915 wurde das Sanitätshunde-Ersatzdepot Fangschleuse bei Berlin errichtet. Dessen erster Leiter wurde Paul Böttger, ein Mitarbeiter von Konrad Most. Ein Jahr später wurden zwei weitere Depots eröffnet. Insgesamt dienten über 30.000 Hunde als Wächter, Melder oder Sanitätshunde. Weniger als 10 % von ihnen kehrten nach dem Krieg zu ihren Eigentümern zurück. Im Krieg wurden die Ausbildungsmethoden weiterentwickelt und das Interesse an der Weiterführung der Sanitätshundearbeit geweckt. Das gesamte Hundewesen in Deutschland nahm einen Aufschwung, der größtenteils von Privatleuten getragen wurde, die Ausbildung von Sanitätshunden blieb aber weiter beim Militär. Eine Entwicklung hin zu den zivilen Rettungshunden gab es hingegen in der Schweiz, wo Ferdinand Schmutz 1940 mit der systematischen Ausbildung von Lawinenhunden begann.

 

Sanitätshund im Ersten Weltkrieg

 

Im Zweiten Weltkrieg war der Bedarf an Hunden wesentlich höher als im Ersten Weltkrieg: An allen Fronten waren über 200.000 Hunde im Einsatz. Geeignete Tiere wurden von der deutschen Wehrmacht gegen Bezahlung kurzerhand enteignet. An allen Fronten (jetzt nicht mehr nur auf der deutschen Seite) waren ungefähr 200 000 Hunde, meist Schäferhunde, im Einsatz.

Allein auf der deutschen Seite verstarben 25 000 Hunde.

Es gab nun den Sanitätshund, heute auch Flächensuchhund genannt. Er suchte das Gelände in schneller Revierarbeit nach verwundeten Soldaten ab. Und es gab den Lawinensuchhund, der im Schnee arbeitete.

 

 

 

In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges fingen die Engländer an, die Hunde auch in Trümmern zerbombter Häuser einzusetzen. Es fing mit einem Zufall an: Eine ältere Dame beobachtete, dass ihr Hündchen (Rasse unbekannt) in den Häusertrümmern verschüttete Menschen aufspürte. Dieser kleine Hund wurde somit der erste „Trümmer- bzw. Katastrophenhund“. Von Oktober 1944 bis zum Kriegsende setzte man mehrere, dem heutigen Wissen nach nicht speziell ausgebildete Hunde, für die Trümmersuche ein. Besonders erfolgreich waren die 3 Schäferhunde „Psyche“, „Rex“ und „Irma“ sowie der Foxterrier „Beauty“ – sie halfen 170 Menschen tot und 35 lebend zu bergen. Sie erhielten die „Dikkin-Medaille des Viktoriakreuzes für Tiere“.

 

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitete sich die Idee des Trümmerhundes auch außerhalb Englands und man machte sich Gedanken über die planmäßige und systematische Ausbildung solcher Hunde. In der Bundesrepublik Deutschland übernahm zunächst der Bundesluftschutzverband (BLSV) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Zuchtvereine und Gebrauchshundeverbände (AZG) die Ausbildung von Rettungshunden. Es war vorgesehen, jedem Selbstschutzzug einen Rettungshund zuzuordnen. Als 1968 der BLSV in Bundesverband für den Selbstschutz (BVS) umbenannt und umstrukturiert wurde, bedeutete dies das Ende für die Selbstschutzzüge und damit vorläufig auch für die Rettungshunde.

 

Wiederum in der Schweiz begann man jedoch ab 1968 die Arbeit mit Katastrophenhunden. 1972 wurde vom Schweizerischen Verein für Katastrophenhunde eine Ausbildungsanleitung herausgegeben. Nach und nach entwickelte sich auch in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für Rettungshunde und man erkannte, dass gut ausgebildete Hunde und Führer ein wertvolles Hilfsmittel bei der Ortung vermisster und verschütteter Personen darstellen, auch in Friedenszeiten, beispielsweise bei Bränden, Flugzeugabstürzen, Zugunglücken oder Erdbeben. Insbesondere die erfolgreichen Rettungshundeeinsätze bei Erdbeben 1967 in Italien, 1977 in Rumänien und 1980 in Algerien verstärkten das Vertrauen in die Hunde. Es herrschte bei den zuständigen Behörden in der Bundesrepublik Deutschland dennoch eine gewisse Technikgläubigkeit vor und man glaubte, mit teuren Ortungsgeräten wesentlich effektiver arbeiten zu können, als mit Hunden. Es waren wiederum Privatleute, die dann (oft als Fortsetzung ihrer Tätigkeit im BLSV/BVS) weiterhin Arbeit mit Rettungshunden betrieben. Die Verantwortung für den Katastrophenschutz lag bei den Ländern und es stand den diversen Rettungshundestaffeln, die sich mittlerweile selbstständig gegründet hatten, frei, sich einer Hilfsorganisation anzuschließen, beispielsweise Technisches Hilfswerk, Feuerwehr oder diversen Sanitätsorganisationen. Außerdem wurden private Vereine für die Rettungshundearbeit gegründet.

 

 

Aus dem Baden-Württembergischen Rettungshunde-Verband ging schließlich 1981 der

Bundesverband für das Rettungshundewesen e. V. 

hervor.